Im Rahmen der Förderung Baumschnitt werden landesweit über 400.000 Bäume gepflegt, über 8.000 Menschen beteiligen sich daran. Im Verlauf der letzten Jahre wurde deutlich, dass eine große Nachfrage nach einer Fortführung des zunächst fünfjährigen Programms besteht. Um Erkenntnisse aus den ersten beiden Förder- und Auszahlungsjahren zu erhalten, hat das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz von Oktober 2017 bis Juli 2018 eine Evaluierung durchgeführt. Die Evaluierung soll als Entscheidungsgrundlage für die Fortführung der Landesförderung dienen und Ideen für weitere Maßnahmen liefern.
Hierfür wurden anhand der Anträge und stichprobenartigen Vor-Ort-Kontrollen der ersten beiden Förderjahre die Umsetzung der Schnittmaßnahmen und die Einhaltung der Förderkriterien ausgewertet.
Zusätzlich wurde eine schriftliche Befragung der Antragsteller sowie eine telefonische Befragung der beteiligten Verwaltungskräfte aus den Regierungspräsidien und unteren Verwaltungsbehörden durchgeführt. An alle Sammelantragsteller wurden Evaluierungsbögen verschickt, auch eine Online-Befragung mit LimeSurvey war bis zum 15. Dezember 2017 eingerichtet. Themen der Befragungen waren unter anderem die Motivation zur Teilnahme am Förderprogramm, das Sammelantragsverfahren und die Vernetzung der Antragsteller, der Beitrag des Förderprogramms zum Erhalt der Streuobstwiesen und weitere wichtige Maßnahmen für den Streuobstbau.
Ergebnisse
Über die Regierungspräsidien wurden insgesamt 1.041 Sammelantragsteller zur Evaluierung angeschrieben. Die Beteiligung an der schriftlichen Befragung war sehr hoch: 1.726 weitestgehend vollständig beantwortete Fragebögen wurden ausgewertet.
Im Fragebogen wurde zuerst abgefragt, ob es sich bei dem Umfrage-Teilnehmer um den Sammelantragsteller oder um einen anderen Teilnehmer der Antragsgruppe handelt. Fast alle Sammelantragsteller haben den Fragebogen beantwortet (Abbildung 1). Auch die anderen Teilnehmer sind mit fast 40 % gut vertreten.
Abbildung 1: Beteiligung von Sammelantragstellern und anderen Gruppenteilnehmern an der schriftlichen Umfrage, n = 1726
Abbildung 2 zeigt die Beteiligung nach den Regierungsbezirken. Knapp über die Hälfte der beantworteten Fragebögen kamen aus dem Regierungsbezirk Stuttgart. Dort hat die Baumschnittförderung die meisten Teilnehmer.
Abbildung 2: Anteil der beantworteten Fragebögen nach Regierungsbezirken, n = 1726
Abbildung 3 verdeutlicht, dass für die Teilnehmenden persönlich der Erhalt der Streuobstwiesen für die Obstnutzung und als Lebensraum eine große Rolle spielt. Auch die Honorierung durch das Land ist für die Antragsteller sehr motivierend.
Abbildung 3: Faktoren, die die Antragsteller zur Teilnahme an der Baumschnittförderung motiviert haben
Bei der Frage, ob die Befragten erneut am Förderprogramm teilnehmen würden, wenn es neu aufgelegt würde, antworteten 91,8
% mit "ja" (Abbildung 4). Dieses Ergebnis zeigt das starke Interesse an der Förderung.
Abbildung 4: Abstimmung der Antragsteller über eine erneute Teilnahme, wenn das Förderprogramm neu aufgelegt würde
Bei der Befragung hat nicht nur interessiert, was die Streuobstbewirtschafter zur Teilnahme an der Förderung bewegt hat, sondern auch - umgekehrt - zu welchen Maßnahmen die Förderung motiviert hat. Abbildung 5 zeigt, dass die Förderung in bedeutender Weise zu Maßnahmen begleitend zur Baumpflege angeregt hat, wie zum Beispiel das Nachpflanzen von Streuobstbäumen und der Besuch von Schnittkursen.
Abbildung 5: Impulse, die die Förderung Baumschnitt - Streuobst den Teilnehmern gegeben hat
Abbildung 6 gibt einen tendenziellen Überblick über den Anteil an vorher nicht gepflegten Obstbäumen im Förderprogramm. Diese Angabe war nicht Teil der schriftlichen Befragung. Es handelt sich um eines von zehn Priorisierungskriterien, die ursprünglich im Zuge der Sammelantragstellung von den Antragstellern abgefragt wurden. Nach einer Auswertung der Priorisierungskriterien durch die Regierungspräsidien in 2016 sind in 455 von 1.068 Sammelanträgen 30 % oder mehr ungepflegte Bäume enthalten. Die Prozentangaben der Sammelantragsteller sind Schätzwerte. Dennoch kann ein nicht unwesentlicher Anteil an ungepflegten Streuobstbäumen abgeleitet werden, der durch die Baumschnittförderung wieder neu in Pflege gekommen sein dürfte.
Abbildung 6: Anzahl der Sammelanträge nach Anteil der vorher ungepflegten Bäume im Förderprogramm. Die Darstellung basiert auf einer Auswertung der Priorisierungskriterien in den Sammelanträgen durch die Regierungspräsidien, Stand Mai 2016.
Die Teilnehmer beurteilten im Fragebogen verschiedene Aspekte des Antragsverfahrens (Abbildung 7). Das Antragsverfahren wurde insgesamt positiv bewertet. Alle Aspekte wurden von über 50 % der Befragten mit "sehr gut" oder "gut" eingestuft. Am besten wurden die Kommunikation und Koordinierung innerhalb der Gruppe sowie die Hilfestellung und Begleitung durch die durchführenden Behörden eingeschätzt. Auch mit der Verständlichkeit der Antragsformulare ist die Mehrheit der Befragten zufrieden, obwohl die "sehr gut"-Nennungen deutlich abnehmen. Negativ fallen die Bewertung der Informierung der Öffentlichkeit zu Beginn der Förderung sowie der Verhältnismäßigkeit des zeitlichen Aufwandes aus.
Im Antragsverfahren stellen für den Sammelantragsteller der Verwaltungsaufwand, insbesondere bei hoher Baum- und Teilnehmerzahl pro Sammelantrag, sowie das unflexible Schnittkonzept die größten Schwierigkeiten dar.
Abbildung 7: Bewertung unterschiedlicher Aspekte des Antragsverfahrens durch die Antragsteller
Ziel des Sammelantragsverfahrens war unter anderem, die Vernetzung und Kommunikation der Streuobstakteure vor Ort zu fördern. Nach mehrheitlicher Meinung der Teilnehmenden (Abbildung 8) hat das Förderverfahren zu einer Verstärkung der Kommunikation beigetragen. Rund ein Fünftel der Befragten fand, dass die Förderung kaum zu mehr Kommunikation geführt hat. Nur wenige gaben an, dass die Kommunikation gar nicht gefördert worden ist.
Abbildung 8: Abstimmung der Antragsteller darüber, ob die Förderung Baumschnitt - Streuobst mit dem Sammelantragsverfahren zu mehr Kommunikation zwischen Streuobstwiesenbewirtschaftern vor Ort geführt hat
Bei Ablehnungen von Schnittmaßnahmen in den Vor-Ort-Kontrollen 2016 und 2017 war der mit Abstand häufigste Grund die mangelhafte Schnittqualität (Abbildung 9).
Kürzungen aufgrund der Nichterfüllung von Förderkriterien zur Stammhöhe, zur Lage sowie zum Standjahr der Bäume fielen insgesamt gering aus. Ebenfalls einen kleinen Teil machen weitere Gründe aus, zum Beispiel wenn gar kein Schnitt erfolgt ist oder beantragte Bäume vor Ort nicht vorhanden sind.
Abbildung 9: Gründe für die Ablehnung von Schnittmaßnahmen in den Vor-Ort-Kontrollen 2016 und
2017.
Sth = Stammhöhe, Flst. = Flurstück, Stj = Standjahr